ryč / rěč (2025)

ryč/rěč, foto: Jakub Gruhl, copyright: Karoline Schneider/Krawcec 2025


(de) Karoline Schneider arbeitet in ihrer künstlerischen Praxis mit einem feministischen, intersektionellen Ansatz zu Themen wie Diskriminierung, Kolonialismus und Institutionskritik. Darüber hinaus erforscht die Künstlerin die Verknüpfungen zwischen (ober)sorbischen Traditionen und persönlichen Erinnerungen. Ausgangspunkt dafür waren Kaurischnecken, deren Verwendung beim sorbischen Osterreiten Karoline Schneider für ihre Promotion untersucht.

Die Kaurischnecke findet sich in ihrer Installation ryč / rěč in der Form des Tisches wieder, der das Fundament, auf dem die weiteren Arbeiten dieser Präsentation stehen, bildet. Der Titel spielt mit den obersorbischen Worten für Grabscheit oder Spaten (ryč) und Sprache (rěč), denn durch das Erlernen der Sprache gräbt sich die Künstlerin immer weiter in die verschüttete Familiengeschichte ein. Zu Tage kommen dabei Erinnerungen an die Urgroßmutter und die von ihr als Kind getragene, traditionelle hauba / Haube. Die Urgroßmutter wuchs im Ort Šiboy (Scheibe) auf, der 1986 dem Tagebau zum Opfer fiel und an dessen Stelle heute der Scheibe-See liegt, über den die Künstlerin sich mit einem Paddel/Spatens/ryč in Form einer Zunge bewegt. Die Bewegung des Paddels im Wasser wird in einer Soundinstallation hörbar gemacht, zusammen mit Sprachübungen zum rollenden R und Interviewfragmenten mit ihrem Vater.
Zu Tage kommen auch Erinnerungen an die Kindheit in Kleinwelka, Bautzen, repräsentiert durch die in Keramik nachgeformten Kerzenmanschetten, die in der sorbischen Herrnhuter Brüdergemeinde von Saaldiener*innen verteilt wurden. Durch die assoziative Zusammenstellung von neuen und älteren Arbeiten entsteht ein Netzwerk, das Karoline Schneiders Universum erfahrbar macht.

(Text Julia Beckmann, Auszug aus der Ausstellungspublikation familiy matters)





słuchaj awdijo / listen to the audio here / höre dir das Audio hier an

(eng) In her artistic practice, Karoline Schneider works with a feminist, intersectional approach to themes such as discrimination, colonialism and institutional critique. The artist also explores the links between (Upper) Sorbian traditions and personal memories. The starting point for this were cowries, used in the Sorbian Easter ride, which Karoline Schneider is investigating for her PhD.

In her installation ryč / rěč, the cowrie snail can be found in the shape of the table that forms the foundation for the other works in this presentation. The title plays with the Upper Sorbian words for digging stick or spade (ryč) and language (rěč). By learning the language, the artist digs deeper and deeper into her buried family history. Memories of her great-grandmother and the traditional hauba / hood she wore as a child come to light. The great-grandmother grew up in the village of Šiboy (Scheibe), which fell victim to open-cast mining in 1986 and is now the site of Lake Scheibe, across which the artist moves with a paddle/spade/ryč in the shape of a tongue. The movement of the paddle in the water is made audible in a sound installation, together with language exercises to learn the rolling R and an interview with her father.

Memories of her childhood in Kleinwelka, Bautzen, also come to light. They are represented by the ceramic candle sleeves that were handed out by ushers in the Herrnhut Brethren congregation. The associative combination of new and older works creates a network that makes Karoline Schneider's universe tangible.

installation view ryč/rěč grop exhibition family matters at mdbk, foto: Alexander Schmidt/PUNCTUM 2025